Mehrere Studien haben gezeigt, dass Cannabispräparate die Symptome chronischer Hautkrankheiten wie Ekzeme und Psoriasis (Schuppenflechte) lindern können. Das Endocannabinoidsystem scheint eine bedeutende Rolle bei der Regulierung verschiedener Schlüsselprozesse zu spielen, die an der Entzündung beteiligt sind. Ein gestörtes Gleichgewicht des EC-Systems könnte sogar eine Hauptursache für diese Entzündung sein.
Wie entstehen chronische Hauterkrankungen?
Chronische Hautleiden, wie zum Beispiel Psoriasis oder Ekzeme (der wissenschaftliche Name lautet atopische Dermatitis), können genetisch bedingt sein, aber auch durch Umwelteinflüsse und Lebensweise oder durch eine Kombination von allen drei Faktoren verursacht werden. Unter Psoriasis können auch Personen leiden, die bestimmte rezeptpflichtige Medikamente einnehmen (einschließlich Betablockern, NSAIDS und Lithium), oder Menschen mit einem stark geschwächten Immunsystem, wie zum Beispiel AIDS-Patienten. Die Zahl der Psoriasis-Erkrankungen ist von Land zu Land sehr unterschiedlich; in den westlichen Ländern wird ihr Anteil auf rund 2-4 %geschätzt.
Zu den falschen Lebensgewohnheiten, die für das Auftreten und die Schwere der häufigsten Hautkrankheiten mitverantwortlich sind, zählen Adipositas (Fettsucht), Rauchen, Stress, allgemein schlechter Gesundheitszustand, einseitige Ernährung und Alkoholkonsum. Bei den Umwelteinflüssen wären zum Beispiel Änderungen der Jahreszeiten oder des Klimas zu nennen, insbesondere solche, die mit drastischen Schwankungen der Luftfeuchtigkeit verbunden sind. Bei Ekzemen deutet vieles darauf hin, dass übertrieben keimfreie bzw. sterile Wohnungen zur Entwicklung von Allergien bei Kindern beitragen; außerdem vermutet man, dass die Erkrankung eng mit einer Hausstaubmilbenallergie zusammenhängt. Von Ekzemen verschiedener Schweregrade sind schätzungsweise 10 % aller Menschen betroffen; in manchen Gebieten leidet sogar ein Drittel der Bevölkerung ein Leben lang darunter, und sie scheinen sich im Laufe der Zeit immer weiter auszubreiten.
Symptome der Dermatitis
Es gibt verschiedene Formen der Dermatitis. Die beiden häufigsten sind die atopische oder chronische Dermatitis bzw. Neurodermitis (atopisches Ekzem) und das akute Ekzem oder Kontaktekzem (das durch den direkten Kontakt mit einem Allergen oder Reizstoff ausgelöst und oft mit dem atopischem Ekzem verwechselt wird). Die Symptome reichen im Allgemeinen von geröteter Haut und Hautausschlägen mit Schwellungen bis hin zu heftiger Bläschenbildung, in schweren Fällen treten sogar Wunden auf. Bläschen und Wunden können nässen oder Feuchtigkeit absondern und letztlich zu verunstaltenden Narben führen.
Das häufigste Symptom ist trockene, juckende Haut; zu den am meisten betroffenen Bereichen gehören das Ellbogengelenk, die Kniekehle, die Handgelenke sowie die Hände und das Gesicht. Das Ekzem ist zwar nicht lebensgefährlich, kann aber extrem hinderlich sein; allerdings kam es in Einzelfällen zu Infektionen, die sich in Hautwunden festsetzten und zum Tode führten. Bei Ekzemen tritt sehr häufig eine Infektion durch die Bakterien Staphylokokken oder Streptokokken auf, die in seltenen Fällen eine ausgedehnte Infektion und eine Sepsis (Blutvergiftung) nach sich ziehen kann. Darüber hinaus kann der Herpes simplex-Virus die durch Ekzeme geschädigte Haut infizieren und im Extremfall eine Erkrankung namens Eczema herpeticatum hervorrufen, die möglicherweise zu einer systemischen (allgemeinen) bakteriellen “Superinfektion” führt und schlimmstenfalls tödlich endet.
Symptome der Psoriasis
Die Psoriasis weist ebenfalls verschiedene Erscheinungsformen auf. Die am weitesten verbreitete Form wird Psoriasis vulgaris oder Plaque-Psoriasis genannt. Der Terminus “Plaques” bezieht sich auf die erhabenen, entzündeten (oft grob kreisförmigen) Hautstellen, die mit einer silbrigen, schuppigen, plaque-ähnlichen Substanz bedeckt sind. Diese Plaques oder Beläge erscheinen für gewöhnlich auf den Ellbogen und Knien sowie auf der Kopfhaut und dem Rücken. Die Psoriasis vulgaris tritt bei bis zu 90 % der Psoriasis-Patienten auf; eine weitere Form ist die pustulöse Psoriasis, die erhabene, mit Eiter gefüllte Bläschen oder Pusteln hervorruft, die von starkem Juckreiz und Druckempfindlichkeit begleitet werden. Die Pusteln erscheinen zumeist auf Händen und Füßen, oder an beliebigen Stellen auf dem ganzen Körper.
Eine seltene, potenziell tödliche Krankheitsform bezeichnet man als erythrodermische Psoriasis. Bei dieser schwerwiegenden Erkrankung kann es zu einer Entzündung und Ablösung eines Großteils der Haut des Patienten kommen. Die Entzündung und der Hautverlust können so gravierend sein, dass die normalen Hautfunktionen der Temperaturregulierung und Barrierekontrolle irreparabel zerstört werden, eventuell mit tödlichen Folgen.
Genetische Einflüsse auf Ekzem und Psoriasis
Bei Ekzem-Patienten hat man Varianten des FLG- Gens festgestellt, das die Expression eines Proteins namens Filaggrin verschlüsselt. Dieses ist essenziell für die Regulierung des Stratum corneum, der äußersten Hautschicht Epidermis. Filaggrin bindet sich an freie Keratinstränge und bringt das Keratin dazu, innerhalb der Keratinozyten (hornbildende Zellen) der Epidermis eine Matrix zu bilden. Diese robuste, undurchdringliche Matrix ist die Grundlage der wasserdichten “Barriere”, die die äußere Schicht der menschlichen Haut darstellt; durch sie wird die Haut feucht gehalten, indem sowohl Verdunstung verhindert als auch Wasser absorbiert wird. Varianten des FLG-Gens sind auch an einer anderen schwerwiegenden Hauterkrankung beteiligt, die Ichthyosis vulgaris genannt wird. Hierbei werden zu viele Keratinozyten produziert, was zu einem schuppigen Erscheinungsbild der Haut führt.
Bei der Psoriasis geht es ebenfalls um eine übermäßige Produktion von Keratinozyten, und zudem ist diese Krankheit in hohem Maße genetisch bedingt; rund ein Drittel der Patienten berichtet über familiäre Krankheitsfälle. Man nimmt an, dass der Ausbruch der Psoriasis entscheidend durch eine Wechselwirkung mehrerer Gene bestimmt wird, doch wie das geschieht, ist noch nicht vollständig verstanden worden; bisher hat man rundsechsunddreißig verschiedene Orte auf den Chromosomen gefunden, die mit der Empfänglichkeit für Psoriasis übereinstimmen. Die innerhalb dieser Orte gefundenen Gene sind an der Entzündungsreaktion beteiligt, und mehrere von ihnen spielen nicht nur bei Psoriasis, sondern auch bei anderen Autoimmunerkrankungen eine Rolle.
Chronische Hauterkrankungen und die Immunreaktion
Sowohl Ekzeme als auch Psoriasis sind auf eine atypische Immunreaktion zurückzuführen. Psoriasis wird ihrer Natur nach als autoimmun betrachtet, da sie nicht durch ein externes Allergen, sondern durch eine Fehlfunktion des Immunsystems verursacht wird, das ehemals gesundes Gewebe angreift. Beim Ekzem hingegen handelt es sich um eine verallgemeinerte Reaktion auf die Anwesenheit externer Allergene und nicht um eine Autoimmunerkrankung – auch wenn es oft bei Personen auftritt, die unter anderen Autoimmunerkrankungen leiden. Zudem haben auch bestimmte andere Formen der Dermatitis eine Autoimmunkomponente.
Speziell das Ekzem und die Psoriasis werden durch eine atypische Entzündungsreaktion hervorgerufen. Die Entzündungsreaktion ist ein fundamentaler Bestandteil des Immunsystems: Zunächst wird ein Pathogen entlarvt (oder es wird im Falle einer Autoimmunerkrankung wie Psoriasis für ein Pathogen gehalten), und dann werden erhöhte Mengen von Blutplasma und weißen Blutzellen (insbesondere Granulozyten) über den Blutkreislauf zu den betroffenen Geweben transportiert. Diese Flüssigkeiten sammeln sich nun an und rufen die charakteristische Schwellung hervor; die verstärkte Durchblutung der betroffenen Stelle verursacht die Rötung und das Hitzegefühl, und der Juckreiz und die Schmerzen sind der Freisetzung von Stoffen zuzuschreiben, die die Nervenenden stimulieren.
Hanfsamenöl und Hautleiden
Es hat sich gezeigt, dass die Anwendung verschiedener Öle und befeuchtender Substanzen, wie zum Beispiel Vaseline, Bienenwachs, Mandel- oder Olivenöl sowie verschiedener anderer synthetischer Präparate, die Symptome der Psoriasis und der Dermatitis lindern kann. Da diese Krankheiten durch übermäßig trockene Haut gekennzeichnet sind, können Produkte, die der Haut Feuchtigkeit zuführen und zugleich weitere Irritationen vermeiden, für ihre Behandlung von großer Bedeutung sein. Bei Ekzemen und Psoriasis ist trockene Haut auf exzessiven transepidermalen Wasserverlust zurückzuführen, da die anhaltende Entzündung die Barrierefunktion der Haut und somit ihre Fähigkeit zur Regulierung der Durchlässigkeit und Verdunstung beeinträchtigt.
Doch die in einigen dieser Produkte enthaltenen Stoffe versorgen die Haut nicht nur direkt mit Feuchtigkeit, sondern können der Schlüssel zur Beherrschung des Ungleichgewichts sein, das dieser Krankheit zugrunde liegt. So wird angenommen, dass die hohe Konzentration der mehrfach ungesättigten Fettsäuren (PUFAs) in Hanfsamenöl und mehreren anderen natürlichen Ölen den Juckreiz und die Entzündung wirkungsvoller vermindert als Feuchtigkeitsspender mit geringem Anteil an PUFAs. Als interessant gilt hierbei insbesondere Linolsäure, aber auch andere PUFAs werden derzeit erforscht.
PUFAs in der Ernährung und Hautfeuchtigkeit
PUFAs werden zumeist durch die Ernährung zugeführt, und einiges spricht dafür, dass Speisehanfsamenöl den Gehalt an PUFAs in der Epidermis erhöhen und deren Fettsäureprofil dem der “normalen” Haut annähern kann. In einer finnischen Studie, die 2005 veröffentlicht wurde, haben die Forscher Hanfsamenöl mit Olivenöl verglichen und herausgefunden, dass Ersteres sich als wesentlich effizienter gegen Ekzeme erwies als Olivenöl. Speisehanfsamenöl erhöhte die endogenen Konzentrationen von zwei essenziellen Fettsäuren (EFAs) – Linolensäure (Omega-6) und α‐Linolensäure (Omega-3) – und führte zudem zu einem Anstieg der Konzentrationen der nicht-essenziellen PUFA γ-Linolensäure (Omega-6). Darüber hinaus verminderte sich der transepidermale Wasserverlust, die subjektive Empfindung der Hauttrockenheit und der Juckreiz besserten sich, und außerdem verspürten die Patienten ein geringeres Bedürfnis nach einem Medikament.
Zwar sind offenbar noch keine Psoriasis-Studien speziell in Bezug auf Hanf durchgeführt worden, doch es gibt zahlreiche Erfahrungsberichte und mehrere Studien, die den PUFAs attestieren, zur Linderung dieser Krankheit beizutragen. Eine Zeit lang nahm man an, dass bei bestimmten Völkern (wie zum Beispiel den Eskimos) ein Zusammenhang zwischen der geringen Zahl an Psoriasis-Fällen und dem hohen PUFAs-Konsum aus Fischöl bestehen würde; heute glaubt man jedoch, dass in diesem Fall zwei nicht-essenzielle PUFAs, Eicosapentaensäure und Dihomo-γ-Linolensäure, ein besonderes Potenzial zur Verminderung der Symptome besitzen. Hanfsamenöl besteht überwiegend aus Linolsäure und α‐Linolensäure. Dagegen wird vermutet, dass die nicht-essenzielle PUFA Arachidonsäure an der Entwicklung der Psoriasis beteiligt ist.
Zusammensetzung des Hanfsamenöls
In dem Maße, wie unser Verständnis der den chronischen Entzündungen zugrunde liegenden Mechanismen wächst, zeigt sich immer deutlicher, dass Krankheiten der Haut (eine der primären anatomischen Barrieren bei der Immunreaktion), wie Ekzeme und Psoriasis, eng mit einer anderen wichtigen Barriere verbunden sind – dem Magen-Darm-Trakt. Wenn es also im Magen-Darm-Trakt grundlegende Probleme mit der Aufnahme oder Verwertung der PUFAs aus der Nahrung gibt, könnte dies bei der Entstehung der chronischen Hauterkrankungen ebenfalls eine Rolle spielen.
Man hat festgestellt, dass Hanfsamenöl je nach Cultivar unterschiedliche Fettsäureprofile aufweist, wobei der Anteil der Linolsäure 50-70 % und der Anteil der Linolensäure (sowohl der α- als auch der γ-Säuren) 15-25 % des Gesamtvolumens beträgt; der Anteil der γ-Linolensäurekann mit 2,46 % besonders hoch oder mit 0,8 % besonders niedrig ausfallen. Wenn wir die komplexen Zusammenhänge zwischen den PUFA-Anteilen und der Gesundheit der Haut besser verstehen, können wir bei bestimmten Erkrankungen die passenden Cultivare verwenden oder sogar spezielle Cultivare für eine bestimmte Krankheit züchten.
Cannabinoide und die Gesundheit der Haut
Inzwischen gilt es als relativ sicher, dass Ekzeme und Psoriasis gut auf PUFA-reiche Behandlungen ansprechen; PUFAs sind allerdings außerordentlich weitverbreitet und können aus mehreren Quellen gewonnen werden (auch wenn Hanfsamenöl eine reichhaltige Quelle mit einem im Allgemeinen günstigen Säureanteil ist). Andererseits sind Cannabinoide beinahe ausschließlich in Cannabis zu finden, und auch sie haben nachweislich einen bedeutsamen Effekt auf chronische Hautkrankheiten. Bekanntlich tragen Cannabinoide zur Regulierung der Entzündung bei, und es sieht ganz danach aus, als sei dies der wichtigste Grund für ihre Fähigkeit, Ekzeme und Psoriasis zu lindern.
Es ist eindeutig bewiesen, dass der Magen-Darm-Trakt (der ebenso wie die Haut eine der bedeutendsten physikalischen Barrieren des Immunsystems ist) über zahlreiche Stellen für Cannabinoidrezeptoren verfügt. Und erst kürzlich haben Studien angezeigt, dass auch die Haut ein eigenes Endocannabinoidsystem besitzt, das bei der Steuerung der Produktion der verschiedenen Hormone und Proteine (einschließlich des Zytokins, das auch an der Immunreaktion beteiligt ist) sowie bei diversen Zellprozessen hilft, unter anderem bei der Zellvermehrung, -differenzierung und Apoptose (Zelltod). Daher kann ein gestörtes Gleichgewicht dieses Systems ebenfalls für das Auftreten chronischer Hautkrankheiten wie Psoriasis und Ekzemen verantwortlich sein, und die Entwicklung gezielter Cannabinoidtherapien könnte dazu beitragen, die Krankheiten in den Griff zu bekommen.
Einer im Jahr 2007 veröffentlichten Studie zufolge erwiesen sich alle Cannabinoide – THC, CBD, CBN, CBG und Anandamid – bei der Hemmung der Keratinozytenproduktion in der Epidermis als effektiv; und da es bei der Psoriasis um eine Überproduktion von Keratinozyten geht, werden sich diese Befunde bei der weiteren Erforschung der Cannabinoidtherapien zur Behandlung der Krankheit als hilfreich erweisen. Cannabinoidrezeptoren sind sogar in den kleinsten Nervenfasern gefunden worden, die die Haarfollikel regulieren; außerdem wurde bewiesen, dass die Keratinozyten das produktivste Endocannabinoid Anandamid binden und abbauen.
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