Die männlichen Pflanzen – nicht so nutzlos, wie viele denken!
Der Großteil der Cannabiszüchter zerstört die männlichen Pflanzen in dem Moment, in dem man ihr Geschlecht bestimmen kann. Heutzutage mit der Verfügbarkeit feminisierter Samen, bekommen viele von ihnen vermutlich nicht einmal mehr eine männliche Pflanze zu Gesicht. Die männlichen Pflanzen haben jedoch erstaunlich vielfältige Nutzungsbereiche, welche die simple Lieferung von Blütenstaub für die Produktion neuer Samen bei weitem überschreiten. Wir wollen diese hier einmal näher betrachten.
Gute Männchen werden gute Väter
Hochqualitative männliche Exemplare sind essenziell für jedes
Cannabiszuchtprogramm. Indem sie die weiblichen Pflanzen mit Pollen versorgen, liefern sie auch die Hälfte der DNA, welche die folgenden Generationen bestimmt. Mit der Auswahl von männlichen Pflanzen, die über vorteilhafte Charakteristika verfügen, sorgt man also für Nachkommen, in denen diese positiven Eigenschaften fortbestehen. Einige Charakterzüge können relativ leicht bestimmt werden, wie beispielsweise die Wachstumsgeschwindigkeit und die Widerstandsfähigkeit gegen Schimmelbefall, Zweigeschlechtigkeit und Schädlinge. Eigenschaften, die den Geschmack und die Stärke beeinflussen, sind weniger auffällig. Fachleute erkennen auch dezente Hinweise darauf, ob die Pflanze für die Zucht geeignet ist. Die männlichen Exemplare sind auch von Bedeutung für die Zucht von selbstblühenden Sorten, weil sie ihre Wachstumsmuster weitergeben können, während die Geschmackseigenschaften und die Wirkungsstärke der weiblichen Pflanzen erhalten bleiben. Um diese Ergebnisse zu erzielen, benötigt man allerdings ein wenig Geschick und Durchhaltevermögen.
In den klassischen Zuchtprogrammen zur Auswahl der männlichen Pflanzen, werden identische weibliche Klone mit verschiedenen männlichen Exemplaren gekreuzt und die Ergebnisse anschließend verglichen. Die männlichen Pflanzen werden also anhand der Qualität ihrer weiblichen Nachkommen ausgewählt. Da bei Cannabis das Erscheinungsbild von männlichen und weiblichen Pflanzen stark voneinander abweichen kann, wird ihr Phänotyp nicht exakt mit dem ihrer weiblichen Nachkommen übereinstimmen, aber es kommt vor, dass einige vererbte Züge sichtbar sind. Obwohl Züchter im Laufe ihrer Experimente festgestellt haben, dass die Stärke der männlichen Cannabispflanze die Wirkungskraft ihrer weiblichen Nachfolger beeinflusst, ist dies bisher nicht empirisch nachgewiesen worden.
Bei selektiven Zuchtprogrammen muss viel ausprobiert werden, denn bis die weibliche Pflanze eine Ernte eingebracht hat, kann man unmöglich präzise feststellen, welchen Einfluss die ausgewählte männliche Pflanze auf den resultierenden Phänotyp hatte. Allerdings produzieren sowohl männliche als auch weibliche Pflanzen schon früh in der Blütezeit Cannabinoide und Terpene und Hinweise auf ihre letztendliche Stärke und ihren Geruch werden erkennbar. Normalerweise drücken oder kneifen Züchter in Blüten und Blätter, um das Aroma freizusetzen. Eine rudimentäre Technik, die nichtsdestotrotz wertvolle Informationen liefern kann.
Männliche Pflanzen erfüllen einen evolutionären Zweck
Cannabis und die meisten anderen Spezies derCannabaceae- Familie sind diözisch, das heißt, Männchen und Weibchen sind unterschiedliche Pflanzen. Es gibt nur sehr wenig blühende Pflanzen mit dieser Eigenschaft. Der Großteil (mehr als 80 %) aller blühenden Pflanzen ist zweigeschlechtig, jede einzelne Blume verfügt also über sowohl männliche als auch weibliche Geschlechtsorgane. Monözie (bei der separate männliche und weibliche Blüten an derselben Pflanze existieren) und Diözie (Zweihäusigkeit) kommen selten vor, jede der beiden Arten macht nur 6 % der blühenden Pflanzenarten aus. Der Rest besteht aus Variationen oder Mischungen zwischen den drei Haupttypen, einschließlich der Gynomonözie und der Andromonözie, bei denen die Pflanze sowohl zweigeschlechtliche als auch männliche bzw. weibliche Blüten hervorbringt.
Man geht davon aus, dass Diözie bestimmten Pflanzenbeständen einen selektiven Vorteil verleiht, indem sie die Aussichten auf genetische Neuverbindung maximiert . Bei zweigeschlechtlichen oder monözischen Pflanzen, produziert dieselbe Pflanze männliche und weibliche Geschlechtsorgane und wenn sie selbstbestäubend ist, haben ihre Nachkommen dieselbe DNA wie die Ursprungspflanze. Dieser Mangel an Vielfalt kann schnell zu Inzucht und einer geschwächten genetischen Gesundheit des Bestandes führen. Allerdings verfügen viele zweigeschlechtliche Arten über integrierte, genetische Mechanismen, die eine Selbstbestäubung ausschließen. Man nennt das Eigeninkompatibilität.
Es ist bekannt, dass sich Monözie und Diözie bei Pflanzen entwickeln, die den genetischen Mechanismus der Eigeninkompatibilität verloren haben (obwohl beide Eigenschaften nur bei jeweils 6 % der Arten vorkommen, hat sich diese Fähigkeit unabhängig davon bei ungefähr 38 % aller Gattungen entwickelt). Es handelt sich dabei um verschiedene Beispiele diözischer Pflanzen, die als Reaktion auf Umwelteinflüsse monözische Phänotype ausbilden. Wo diese Bestände sich wieder auf vorteilhaftere Gebiete ausgebreitet haben, tendieren sie nach und nach zur Diözie, da diese ein wirkungsvolles Mittel zur Gewährleistung der Kreuzbestäubung und damit zur Wahrung der genetischen Vielfalt in Abwesenheit der Eigeninkompatibilität ist.
Diese Vermutung erhärtet sich hinsichtlich des Cannabis, von dem mehrere monözische Sorten bestehen und der eine starke Tendenz zeigt, monözische Pflanzen in diözischen Beständen hervorzubringen, besonders unter Stress. Cannabis ist fähig zur Selbstbestäubung. Die Anzahl der männlichen Cannabispflanzen kann in kurzen Zeiträumen drastisch abnehmen, aber ein starker und gesunder männlicher Bestand ist die beste Methode um den gesunden Fortbestand und die Überlebensfähigkeit der Arten zu garantieren.
Den männlichen Pflanzen fehlt es nicht grundsätzlich an Wirkungskraft
Während die meisten Menschen glauben, dass männliche Cannabispflanzen kein
Cannabinoid beinhalten, ist diese Auffassung nachgewiesenermaßen falsch. Eine Untersuchung aus dem Jahr 1971 verglich den Cannabinoid-Gehalt männlicher und weiblicher Pflanzen von unterschiedlichen Ursprungsorten, wie beispielsweise aus dem libanesischen Bekaa Valley, der Türkei und Marokko. Man fand heraus, dass die Konzentration bei den weiblichen Exemplaren zwar grundsätzlich höher liegt, aber die männlichen Pflanzen trotzdem erhebliche Ansammlungen von Cannabinoiden aufwiesen. Der allgemeine Cannabinoid-Gehalt der männlichen Blüten war zwar niedriger als bei den weiblichen Exemplaren, lag jedoch über der Konzentration in den weiblichen Blättern. Bei einem Beispiel, der Sorte Hizzine 3.9.1969, war der Gesamt-Cannabinoid-Gehalt der männlichen Blüte sogar höher als der in den weiblichen Pflanzen am selben Standort.
Wenn man THC und CBD getrennt voneinander betrachtet, sind die Resultate sogar noch interessanter. Allgemein lag der CBD-Gehalt weiblicher Pflanzen wesentlich höher, es gab jedoch mehrere Ausnahmen. Die Ergebnisse des THC-Gehalts, des psychotropsten Stoffes in Cannabis, waren allerdings ein wenig überraschend. Bei den Sorten Bekaa 26.6.1969 und Hizzine 3.9.1969 zeigten sämtliche Teile der männlichen Pflanzen eine höhere THC-Konzentration als die weiblichen Exemplare. Mit 0,2 % im Gegensatz zu 0,04 % beinhalteten die Männchen fünfmal mehr THC als die Weibchen. Mit 1,2 % zeigten die männlichen Blätter von Hizzine 3.9.1969 sogar die allerhöchste THC-Konzentration aller Pflanzen, die im Rahmen der Untersuchung getestet worden waren. Das Verhältnis zwischen THC und CBD war sehr unterschiedlich.
Eine aktuellere Studie über Thailändische Landsorten zeigte, dass die männlichen Exemplare0,722 % bis 0,848 % THC beinhalten. Das Verhältnis THC:CBD liegt bei diesen Pflanzen bei 1,9 (normalerweise wird eine Pflanze mit einem Verhältnis von mehr als 1 als Droge eingestuft, wohingegen Pflanzen mit einem niedrigeren Verhältnis als Hanf gelten). Ein UNODC-Bulletin aus dem Jahr 2005 berichtete ebenfalls, dass anhand einer gaschromatographischen Analyse ein vergleichbarer THC-Gehalt bei männlichen und weiblichen Pflanzen in Marokko nachgewiesen worden war; in den Blättern wurde die Konzentration bei Männchen und Weibchen auf 0,4 % gemessen, während die Blüten der weiblichen Pflanzen zwischen 0,4-0,7 % und die der männlichen Pflanzen zwischen 0,2-0,5 % TCH beinhalten. Die männlichen Exemplare bilden an den Kelchblättern, den Staubbeuteln und den kleinen oberen Blättern mehr Harzdrüsen aus als die weiblichen Exemplare.
Haschisch & Konzentrate aus männlichen Cannabispflanzen
Abhängig von Ursprung einer Haschischsorte besteht die Möglichkeit, dass sie Harz von männlichen Pflanzen enthält, die nicht vom Feld entfernt wurden. Obwohl die meisten Züchter der traditionellen Haschisch produzierenden Gebiete wie Marokko und Libanon die männlichen Pflanzen rechtzeitig von den Feldern entfernen, um eine Bestäubung zu verhindern, ist das nicht immer der Fall und manchmal werden die männlichen Exemplare gemeinsam mit den weiblichen geerntet und verarbeitet.
Es gibt zahlreiche Geschichten über Pflanzer und Züchter, die männliche Blüten, Blätter und Stängel mit unterschiedlichen Erfolgsergebnissen für die Herstellung von Haschisch verwendet haben. Da der Gesamtharzgehalt normalerweise relativ gering ist, kann man am besten große Mengen der Pflanzen verarbeiten oder Methoden einsetzen, welche die Pflanze so weit wie möglich auspressen, wie QWISO oder die Extraktion mithilfe von Butangas.
Man kann die männliche Pflanze auch für die Herstellung von Cannabutter sowie anderen Ölen und Infusionen verwenden. Obwohl es wenig definitive Beweise für die psychotrope Wirkung der männlichen Pflanzen im Vergleich zu den weiblichen Exemplaren gibt, findet man verschiedene anekdotische Berichte, die darauf verweisen, dass der Effekt eher „high“ als „stoned“ macht und sich erfreulicherweise mehr im Kopf als im Körper manifestiert.
Männliche Pflanzen können auch für die Herstellung von Saft eingesetzt werden
Eine weitere Anwendungsmöglichkeit für männlichen Cannabis ist die Saftherstellung. Obwohl nur wenige Erfahrungsberichte bekannt sind, gibt es Hinweise darauf, dass Cannabinoide in saurer Form möglicherweise eine Anzahl von pharmazeutischen Verwendungszwecken bieten, ebenso wie die bekannte säurefreie Art, allerdings ohne den möglichen Nachteil einer psychotropen Wirkung. Da die Männchen dieselben Cannabinoid-Säuren enthalten wie die Weibchen, wenn auch in anderen Konzentrationen und Verhältnissen, können sie genau wie diese zu Saft verarbeitet werden, um sich die positiven Eigenschaften zunutze zu machen.
Der Entsaftungsprozess ist bei männlichen und weiblichen Pflanzen identisch. Alle Teile der Pflanze, mit Ausnahme der härtesten Stängel, können verwendet werden. Es wird allgemein empfohlen, die größten und faserhaltigsten der Blätter rund um die Blüte auszusortieren, da diese einen hohen Chlorophyllgehalt haben und dem Saft einen unangenehmen, bitteren Geschmack verleihen können.
Faser der männlichen Hanfpflanze
Eine ungarische Studie aus dem Jahr 1996 untersuchte die Eigenschaften von
männlichem, bzw. weiblichem Hanf, und kam zu dem Ergebnis, dass sich die Fasern der männlichen Hanfpflanze in bedeutenden Aspekten von denen der weiblichen Exemplare unterscheiden. Die Unterschiede sind so groß, dass die landwirtschaftlichen Hanfbauern die männlichen und weiblichen Pflanzen auf den Feldern mit allen Mitteln zu trennen versuchen und sämtliche Phasen der Röst-, Schäl- Spinn- und Webeverfahren separat durchführen. Auch chinesische Texte aus dem 16. Jahrhundert v.Chr. bestätigen die Auffassung, dass „die männliche Hanfpflanze die beste ist.“
Aus traditionellen Überlieferungen geht hervor, dass die männlichen Hanffasern wesentlich feiner und weicher sind als die weiblichen. Aus diesem Grund wurden sie hauptsächlich für die Herstellung feinerer Stoffe verwendet, während die weiblichen Fasern der Fertigung von gröberen Materialien, wie Segeltuch und Sackleinen dienten. Aus den feinen Textilien, die aus den Fasern der männlichen Hanfpflanze produziert wurden, stellte man wiederum Haushaltsartikel, wie Tischdecken, Handtücher und Bettwäsche her.
Im Laufe der Untersuchung fand man auch heraus, dass die weibliche Faser zwar stärker ist als die männliche, diese jedoch eine höhere Torsionsfestigkeit und Flexibilität aufweist. Da die Feinheit einer Faser im Zusammenhang mit ihrer Torsionsfestigkeit und Flexibilität steht, schloss man daraus, dass die männliche Faser feiner sein muss als die weibliche. Es wurde auch berichtet, dass männliche Pflanzen einen höheren Fasergehalt haben als weibliche, 31,5 % im Gegensatz zu 29.6%.
Männchen sind gute Gesellschaft
Cannabis ist darüber hinaus im Laufe der Geschichte auf vielfältige Art und Weise zu Zwecken der Schädlingsbekämpfung und des Insektenschutzes eingesetzt worden. Aus den getrockneten Blüten und Blättern wurden Schädlingsbekämpfungsmittel und Insektenschutzmittel hergestellt und pure Cannabinoide verfügen nachweislich über antibakterielle und antimikrobielle Eigenschaften. Cannabis eignet sich ferner ausgezeichnet als Gesellschaftspflanze.
Unterschiedliche Studien, die im Laufe der Jahre durchgeführt wurden, haben bestätigt, dass Cannabis Pflanzenschädlinge abwehrt. Er vertreibt den Baumwollwurm aus Baumwollfeldern, wehrt in Gemüsebeeten Kohlraupen ab, schützt Kartoffelpflanzen vor dem Kartoffelkäfer und der Kartoffelfäule, schreckt in Weizenfeldern die Blumenfliege ab und wirkt allgemein gegen die Larven des europäischen Blatthornkäfers. Cannabis wirkt auch dem Wuchs von unerwünschten Pflanzenarten entgegen, wie beispielsweise der giftigen Vogelmiere, und vertreibt schädliche Fadenwürmer, wie den Kartoffelzystennematoden, das Wurzelgallenälchen und den Soyazystennematoden.
Man geht davon aus, dass die Terpene, die der Cannabis produziert, hauptverantwortlich für diese abschreckende Wirkung auf Insekten und Schädlinge sind. Besondere Wirkungskraft haben in dieser Hinsicht vermutlich die Limonene und Pinene. Sowohl männliche als auch weibliche Cannabispflanzen verfügen im Überfluss über diese Terpene, deren Konzentration scheinbar in einem groben Zusammenhang mit der Cannabinoid-Konzentration steht. Es gibt durchaus Züchter, die die männlichen Pflanzen lieber in ihre Gemüsebeete setzen, als sie mit dem Kompost zu entsorgen.
Einige der Cannabisbauern, die das Glück haben, in einem Land zu leben, in dem die Außenzucht zu den Möglichkeiten gehört, setzen männliche und weibliche Pflanzen sogar auf das selbe Feld, wenn auch in gebührender Entfernung voneinander, so dass die männlichen Pollen keine nennbaren Effekte auf die weiblichen Pflanzen haben. Wenn man ein oder zwei männliche Pflanzen in einigen Metern Entfernung von den Weibchen aufstellt und dabei beachtet, dass sie windgeschützt stehen, sodass nicht zu viele Pollen zu den weiblichen Exemplaren getragen werden, resultiert das wahrscheinlich in einer leichten Streuung von Samen in vereinzelten Blüten, ohne jedoch vollständig bestäubte Pflanzen zu bekommen. Auf diese Weise können Züchter rauchbare weibliche Pflanzen hervorbringen und gleichzeitig für die Versorgung mit frischen, gesunden Samen für die Zucht des kommenden Jahres sorgen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen